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Ein Hochzeitslied


Ein Hochzeitslied

Wenn lieben heißt, sich aneinanderketten,
dann möcht ich lieber lieb-los sein.
Doch lieben bindet nicht, lieben befreit.

Wenn leben heißt, nur für den andern dazusein,
dann möcht ich lieber leb-los sein.
Doch Leben ist nur Leben, wenn ich lebe.

Wenn Frieden heißt, sich niemals zu bekämpfen,
dann möcht ich lieber fried-los sein.
Doch Frieden stellt sich ein erst nach dem Streit.

Wenn Freude heißt, den anderen glücklich zu machen,
dann möcht ich lieber freud-los sein.
Doch Freude sprudelt grundlos meine Vielfalt.

Wenn trösten heißt, aus Mitleid handeln,
dann möcht ich lieber trost-los sein.
Doch trösten vertraut dem Trauern.

Wenn Ehe heißt, im Hafen festzusitzen,,
dann möcht ich lieber ehe-los sein.
Doch Ehe macht sich auf in unbekannte Weiten.

Wenn Treue heißt, sich aufeinander zu beschränken
dann möcht ich lieber treu-los sein.
Doch Treue will sich lassen, statt sich zu verlassen.

Wenn Kinderkriegen heißt, dem Leben Sinn zu geben,
dann möcht ich lieber kinder-los bleiben.
Doch Kinder nehmen sinn-voll teil an unserem Leben.

Conrad M. Siegers